Studie: Sexuelle Gewalt in der Familie

Die “Unabhängige Kommission zur Aufbereitung sexuellen Kindesmissbrauchs” veröffentlichte im September 2021 eine sehr umfassende Studie zur sexuellen Gewalt in der Familie. Sie trägt den Untertitel “Gesellschaftliche Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von 1945 bis in die Gegenwart” und ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes von Wissenschaftlerinnen der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Den Ausgangspunkt der Analysen bilden dabei insbesondere die Berichte und Lebensgeschichten der Betroffenen, die vielfach zitiert werden. Die Studie unterstreicht die Besonderheiten, die den Tatkontext Familie prägen. Drunter z. B. die Ambivalenz der Zugehörigkeitsgefühle und Bindung zu den nicht Gewalt ausübenden Bezugspersonen.

Die Auswertung von insgesamt 870 Zusammenfassungen von Anhörungen
und schriftlichen Berichten (680 Zusammenfassungen und 190 schriftliche Berichte), die bis Mai 2020 eingegangen waren, liefert Erkenntnisse über besondere Muster in dem Tatkontext.

Gewalt Familie Täterhandeln und Täterstrategien
Aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 64

Es fällt auf, dass nicht alle Täterinnen und Täter körperliche oder psychische Gewalt anwenden. Fürsorge, Zuwendung, andere integrale Bestandteile des Familienalltags können sich durchaus mit Täterstrategien überschneiden.

Gewalt in der Familie Verteilung der Betroffenen nach Geschlecht
Aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 59

Weibliche Betroffene stellen mit Abstand den Großteil der bei der Aufarbeitungskommission eingegangenen Meldungen dar, die in der Studie ausgewertet wurden.

Gewalt in der Familie Verteilung Täter
Aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 60

Die Eltern stellen mit 44% der Angaben (erwartungsgemäß) die mit Abstand auffälligste Gruppe unter den Tätern dar. Darunter fallen die Väter mit 36% besonders auf.

Aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 69

Mütter sind dagegen der häufigste Ansprechpartner, dem sich Betroffene des sexuellen Missbrauchs auf der Suche nach Hilfe offenbaren.

Aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 114

Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig zu verinnerlichen, dass das Leugnen, Verschweigen, Bagatellisieren oder Umkehren von Schuld im Umfeld der Familie das Eintrittstor zum fortwährenden Kreislauf der sexualisierten Gewalt gegen Kinder in den Familien darstellen.

“[…] Wenn die Familie so dysfunktional ist und wenn auch die Mutter dann so dysfunktional ist, dann muss ich ganz ehrlich sagen, ich weiß gar nicht, wie man solche Kinder erkennen soll. Ich weiß, dass Kinder hilfsbereit sind und verbergen, wie es ihnen eigentlich geht, und schnell die Schuld bei sich selbst suchen. […]”

Betroffenenbericht aus der Studie “Sexuelle Gewalt in der Familie” – Aufarbeitungskommission, S. 37

AKTUELLER LINK: Interaktiver Report PKS 2013-2022

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