Am 23. Mai 2023 wurde in Berlin die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2022 vorgestellt. Diese länderübergreifende Analyse wurde von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) präsentiert. Der Schwerpunkt der Präsentation lag auf Gewaltverbrechen gegen Kinder und Jugendliche. Werfen wir einen Blick auf die aktuellen Zahlen.
Fortlaufender leichter Anstieg der sexuellen Gewalt gegen Kinder
Gemäß der PKS verblieb die Anzahl der Kindesmissbrauchsfälle im Jahr 2022 bei 15.520 Fällen auf einem beständig hohen Niveau, ähnlich dem des Jahres 2021 (15.507 Fälle). Trotz des nur geringfügigen Anstiegs in den absoluten Zahlen der Gewaltopfer im Kindesalter, sollte die Gesamtentwicklung der letzten Jahre jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Eine kontinuierliche Zunahme ist bereits seit 2013 zu beobachten (-> interessierte Leser/innen finden hier einen Artikel zu diesem Thema).
Auch in diesem Jahr hebt sich das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 4.133 gemeldeten Fällen von Kindesmissbrauch wieder hervor. Laut PKS 2021 war NRW bereits im vergangenen Jahr das Bundesland mit den meisten gemeldeten Missbrauchsfällen (4.131 Fälle), gefolgt von Bayern, das im Jahr 2022 insgesamt 1.885 Fälle (2021: 1.949 Fälle) verzeichnete.

Digitale sexuelle Gewalt erfordert verstärkte Aufmerksamkeit
Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2022 zeigt zudem einen Anstieg von 10,3 % auf insgesamt über 48.800 Fälle (42.075 Fälle + 6.746 Fälle) in der Darstellung von Kinder- und Jugendpornografie. Doch diese Zahlen spiegeln nur einen Teil des tatsächlichen Problems wider. In der offiziellen Pressemitteilung der UBSKM wird darauf hingewiesen, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die im Besitz von Darstellungen von Missbrauch und jugendpornografischen Inhalten sind, diese produzieren, erwerben oder vorrangig über soziale Medien verbreiten, sich seit 2018 mehr als verzehnfacht hat. Die Zahl der Tatverdächtigen unter 18 Jahren ist von 1.373 im Jahr 2018 auf 17.549 im Jahr 2022 gestiegen, einschließlich 5.553 Kindern unter 14 Jahren und 11.996 Jugendlichen über 14 Jahren.
Die Frage, wer die wirklichen Täter/innen sind, wird dadurch komplizierter. Laut der Missbrauchsbeauftragten Kerstin Claus handelten “die meisten tatverdächtigen Minderjährigen nicht aus vorsätzlichen oder sexuell motivierten Gründen, sondern aufgrund digitaler Naivität […]”. Häufig erkennen die Betroffenen gar nicht, dass es sich um Darstellungen sexueller Gewalt handelt.
Polizei und UBSKM fordern: Für eine erfolgreiche Durchführung von Ermittlungen ist ein angemessener rechtlicher Rahmen und die benötigten Befugnisse erforderlich, insbesondere die sogenannte Mindestspeicherung von IP-Adressen. Ebenso offensichtlich ist die Notwendigkeit, mehr Ressourcen in die Prävention zu investieren und den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet grundlegend zu verstärken.