Homosexualität und sexueller Kindesmissbrauch: Gibt es wirklich einen Zusammenhang?

Wenn es um die zahlreich aufgedeckten Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche geht (-> interessierte Leser/innen findenhier einen Artikel zu diesem Thema), nimmt diese kein Blatt vor den Mund und schiebt die Verantwortung vor allem auf eine Personengruppe: Homosexuelle. Dabei belegt unter anderem eine 2011 veröffentlichte Studie zu diesem Thema, dass es keinen nachweisbaren Zusammenhang zwischen homosexueller Identität und größerer Wahrscheinlichkeit von Übergriffen im Sinne von Kindesmissbrauch gibt. 

Vielmehr nehmen diverse Forschungen laut dem Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft einen konträren Standpunkt ein und weisen darauf hin, dass Männer und Frauen mit homosexueller Orientierung statistisch gesehen deutlich häufiger Missbrauch in Kindheit oder Jugend erleben als heterosexuelle Personen. 

Dieser Artikel geht den Befunden nach und legt Zahlen und Fakten offen. 

Vor der Jahrtausendwende: Erfahrungen homosexuell lebender Personen mit Kindesmissbrauch

Eine der erste Studien zu diesem Thema wurde 1998 in den USA durchgeführt. Insgesamt 4159 Schüler und Schülerinnen der 9. bis 12. Klasse wurden zu ihrer sexuellen Orientierung sowie zu ihren Erfahrungen in verschiedenen Bereichen, unter anderem zum sexuellen Missbrauch, befragt. 

Die Ergebnisse sind eindeutig: Homo- oder bisexuell lebende Jugendliche (LSB) waren im Vergleich mit nicht homo- oder bisexuell lebenden Personen (Nicht-LSB) deutlich früher sexuell aktiv und wiesen häufiger mehrere Sexualpartner auf. Und: Sie waren insgesamt dreimal mehr sexuellen Missbrauch ausgesetzt als Nicht-LSB (32, 5% vs. 9,1%). 

Quelle: Homosexualität: Daten und wissenschaftliche Studien I “Sexuelle Orientierung und die Erfahrung mit sexuellem Missbrauch” 

Diese Ergebnisse werden durch eine Studie der Universität Potsdam im Jahre 1999 gestützt. Diese deckt auf, dass jeder fünfte homosexuell lebende Mann (20,7%) in seiner Kindheit Opfer sexuellen Missbrauchs geworden ist. 

Nach der Jahrtausendwende: Erfahrungen homosexuell lebender Personen mit Kindesmissbrauch

Auch nach der Jahrtausendwende wurde weiter zu dieser Thematik geforscht. Balsam, Rothblum und Beauchaine (2005) untersuchten einige Jahre später den Zusammenhang zwischen sexueller Orientierung und sexuellem Missbrauch in Kindheit und früher Jugend (unter 18 Jahren). Sie deckten auf, dass 31,8% der homosexuellen Männer und 44,1% der bisexuellen Männer in ihrer Kindheit und Jugend Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind. Bei den heterosexuellen Männern ergab sich eine Gesamtquote von 12,8%. Bei den Frauen erlebten 43,6% der homosexuellen, 47,6% der bisexuellen und 30,4% der heterosexuellen Frauen sexuellen Missbrauch als Minderjährige.

Quelle: Homosexualität: Daten und wissenschaftliche Studien I “Sexuelle Orientierung und sexueller Missbrauch” 

Fazit: Die Studienlage lässt erkennen, dass homo- oder bisexuell lebende Personen in der Kindheit und Jugend signifikant häufiger Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind – zumindest damals. Die Datenlage zu diesem Thema erschwert es, aktuellere Vergleiche zu ziehen. Nichtsdestotrotz geben die Studien Indizien dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der sexuellen Orientierung und einer von sexuellem Missbrauch geprägten Erfahrung in der Kindheit besteht.

AKTUELLER LINK: Interaktiver Report PKS 2013-2022

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