Kindeswohlgefährdung in der Pandemie: Vergleich 2020 und 2021

Vor einiger Zeit haben wir uns intensiv mit der Kindeswohlgefährdung und Kinderschutz während Corona (Mai-Okt 2020) auseinandergesetzt. Was dort bereits auffällig war: Es ließ sich eine überraschend konstante Entwicklung der Zahlen feststellen, die dem Trend der letzten Jahre entsprach.

Nun, ein gutes Jahr später, wird es Zeit, dieser Feststellung nochmals Aufmerksamkeit zu schenken. Denn das Thema Kindeswohlgefährdung rückte in den letzten Monaten durch breite Diskussion und erhöhte Präsenz im Haushalt immer häufiger in den Fokus. Wir fragen uns: Was hat sich in einem weiteren Jahr Pandemie verändert? 

8a-Verfahren: Entwicklung der Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung

Greifen wir zunächst die in dem Werkstattbericht zur Zusatzerhebung der Gefährdungs- einschätzungen dargestellte Entwicklung der 8a-Verfahren auf und fokussieren uns aber diesmal auf die Werte ab November 2020 bis März 2021.

Info: 8a-Verfahren werden von den Jugendämtern bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung eingeleitet mit dem Ziel, diese frühzeitig zu erkennen und beseitigen.

Quelle: AKJStat Werstattbericht 8a, S.25

Wie bereits aus den Monaten Mai bis Oktober 2020 bekannt, lassen sich auch in den Folgemonaten nur leichte Schwankungen in der Verfahrensanzahl erkennen. Die Tendenz zur konstanten Entwicklung bleibt also bestehen. Interessant ist hier jedoch, dass so gut wie alle Werte wohl wieder “oberhalb der Schätzungen” lagen.

Im Fokus: Missbrauch, sexuelle Gewalt und Kinderpornographie

Schauen wir uns im Folgenden spezifische Vergleiche von Kindeswohlgefährdung im Jahr 2020 und 2021 an. 

Auffällig ist die Anzahl der Kinder, die Opfer von Misshandlungen wurden. Denn die Auswertung der PKS 2021 verzeichnete im Jahr 2021 einen leichten Rückgang von 1,70% im Gegensatz zu 2020.

Quelle: BKA – Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer, S. 4

Weniger erfreulich ist die Entwicklung der Opferanzahl von sexueller Gewalt. Hier ist ein Anstieg um durchschnittlich 4,63% im Vergleich zu 2020 verzeichnen. Dabei gab es insbesondere mehr Fälle von versuchtem und vollendetem sexuellen Kindesmissbrauch.

Eine gegensätzliche Entwicklung zeigt der Bereich der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung mit einem Abwärtstrend von -7,62% für vollendete und ganze -52,00% für versuchte Taten. 

Quelle: BKA – Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer, S. 5

Den absoluten Höhepunkt bildet die Entwicklung der Herstellung, Besitz und Verbreitung kinderpornographischen Materials. Hier beträgt die Veränderung im Gegensatz zu 2020 ganze 108,79%!

Quelle: BKA – Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer, S. 6
Fazit:

Wie 2020 schon festgestellt, lässt sich auch für das Folgejahr eine relativ konstante Entwicklung der absoluten Verdachts- und Fallzahlen erkennen. Dabei schwanken diese bis auf die Ausnahme Kinderpornographie mal mehr, mal weniger stark (->für interessierte Leser/innen geht’s hier zum Artikel: “Missbrauch und Kinderpornographie: Zahlen explodieren”).

Da wir uns hier in einem Bereich mit einem sehr großen Dunkelfeld befinden, spielt die Frage nach konkreten Fallzahlen während Corona unserer Meinung nach letztendlich eine Nebenrolle. Viel wichtiger zu realisieren ist: Die Tendenz zur Kindeswohlgefährdung insgesamt steigt und steigt!

(In Kürze werden wir unseren interaktiven Datensatz zur Kindeswohlgefährdung um die aktuellen Bevölkerungszahlen ergänzen und damit die Betrachtung der absoluten Zahlen in Relation zur kindlichen Bevölkerung ermöglichen.)

AKTUELLER LINK: Interaktiver Report PKS 2013-2022

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