Sexueller Kindesmissbrauch: Lage in Nordrhein-Westfalen spitzt sich zu

Die Häufigkeit, mit der Zeitungsartikel zum Thema Kindesmissbrauch in Nordrhein-Westfalen (NRW) erscheinen, nimmt zu. Von Schlagzeilen wie “Kindeswohlgefährdung in NRW: Verdachtsfälle steigen alarmierend” bis “Zahl von Kinder-Porno-Fällen in NRW innerhalb eines Jahres explodiert” – das Bundesland rückt immer stärker in den Fokus dieser Problematik. Die aktuellste Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) von Nordrhein-Westfalen bestätigt diesen Trend: Im Berichtsjahr 2021 gab es einen Zuwachs von 23,2% an Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch.

Beobachtbare Tendenz bei Fallzahlen sexuellen Kindesmissbrauchs in NRW

2021 wurden insgesamt 4131 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in NRW erfasst. Somit umfasst der Anstieg von 23,2% 778 Kinder mehr als im Vorjahr, die sexuelle Gewalt erleben mussten. Im Zehnjahresvergleich stiegen die Missbrauchsfälle um 53,7%. Die „erfreuliche“ Nachricht: Mit 80,4% ist die Aufklärungsquote nicht nur relativ hoch, sondern verzeichnet auch einen leichten Zuwachs (+1,0%) im Vergleich zu den vorherigen Jahren. 

Quelle: PKS NRW 2021, S. 149
Tatverdächtige im Fokus: Mehrheit deutsch, männlich, erwachsen

Bei den dokumentierten Missbrauchsfällen konnten 3323 aufgeklärt und 3031 Verdächtige identifiziert werden. Eine deutliche Mehrheit der Verdächtigen, nämlich 92,9%, war männlich und 41,7% waren bereits zuvor im Zusammenhang mit der Polizei in Erscheinung getreten. Unter den Verdächtigen waren 2498 deutsche Staatsbürger (TV deutsch), während 533 ausländische Herkunft hatten (TV nichtdeutsch) und 184 als Migrant/innen (TV Zuwanderer) eingestuft wurden. Es zeigt sich hier ein Anstieg in allen Kategorien im Vergleich zum Jahr 2020.

Quelle: PKS NRW 2021, S. 149

Von den insgesamt 3031 Tatverdächtigen stellen Erwachsene mit 1897 Personen oder 62,6% den größten Anteil dar, gefolgt von Jugendlichen mit 545 oder 18,0%, Kindern mit 361 oder 11,9% und Heranwachsenden mit 228 oder 7,5%. Wenn man die Daten über ein Jahrzehnt betrachtet, wird ein Muster sichtbar. Obwohl die exakten Zahlen für jede Kategorie von Jahr zu Jahr variieren können, ist generell ein deutlicher Aufwärtstrend zu beobachten. So verdoppelte sich die Anzahl der tatverdächtigen Kinder beispielsweise im Vergleich zum Erhebungsjahr 2012.

Quelle: PKS NRW 2021, S. 150
Opfer von sexuellem Kindesmissbrauch in NRW im Fokus: überwiegend weiblich, mittlere Kindheit, verwandt

Wirft man einen Blick auf die Opferstruktur nach Geschlecht und Alter, so lässt sich auch hier bestätigen, was diverse Studien immer wieder hervorheben: das weibliche Geschlecht als Risikofaktor für sexuellen Missbrauch (-> interessierte Leser/innen finden hier einen Artikel zu diesem Thema). So waren 2021 unter den insgesamt 4710 Opfern des Kindesmissbrauchs 3499 Mädchen (74,3%). 88,0% dieser Kinder waren zwischen 6 und 14 Jahre alt.

Quelle: PKS NRW 2021, S. 151

Bei 1092 Kindern handelt es sich bei den Tatverdächtigen um eine/n Familienangehörige/n, 787 Opfer lebten mit diesem/dieser in einem gemeinsamen Haushalt. 

AKTUELLER LINK: Interaktiver Report PKS 2013-2022

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